Abstract (deu)
Making Public Space untersucht mit künstlerischen Methoden das Potenzial von Bewegtbild und anderen zeitbasierten Medien im öffentlichen Raum – wie sie auf diesen Raum einwirken und ihn verändern können. Die Arbeit geht von Richard Sennetts (1977) These eines Verlustes des öffentlichen Raums und seiner Ersetzung durch private Räume auf öffentlichem Grund aus. Dieser Entwicklung wird mit künstlerischen Interventionen entgegengewirkt, die auf relevante Themen im Stadtraum hinweisen und Diskussionen darüber anregen. Dabei machen sich die Interventionen die geografische Konstitution des Stadtraumes zu Nutze: Die Tatsache, dass bestimmte Themen und Problemfelder bereits an Orten im Stadtraum präsent sind, mal mehr, mal weniger sichtbar. Mit Aktionen an diesen Orten wird so auf die Psychogeografie der Stadtbewohner*innen (Debord 1955) eingewirkt und dadurch das emanzipatorische Potenzial des Stadtraumes (Harvey 2012) verwirklicht. Gleichzeitig wird versucht, die Teilhabe an der Gestaltung des öffentlichen Raumes niederschwelliger zu gestalten als sie sich oft in institutionalisierten Partizipationsveranstaltungen darstellt. Die Themen umfassen dabei neben stadtpolitischen Themen wie Gentrifizierung und der Demokratisierung der Stadtgestaltung auch die selten berücksichtigte Existenz nicht-menschlicher Stadtbewohner*innen (vgl. Haraway 2003, Haraway 2016, Braidotti 2013, Margulis 1998). Mittels künstlerischer Experimente werden verschiedene Arten von Interventionen und verschiedene Formate der Präsentation und der partizipativen Aktion im Stadtraum erprobt. Methoden der performativen Ethnologie dienen der Beobachtung und Interpretation dieser Experimente und ihrer Wirkungen auf Stadtbewohner*innen. Die Ausweitung des Fokus auf performative und partizipative künstlerische Interventionen ist dadurch motiviert, dass die anfängliche Prämisse der Wirksamkeit von öffentlichen Video-Präsentationen aufgrund der Proliferation von kommerziellen Medienprodukten im Stadtraum und der dadurch gesteigerten Aufmerksamkeitsökonomie, teilweise revidiert werden musste.
Zentral in der Arbeit ist das Konzept des «verkörperten Wissens» (Haraway 1988), bei dem das persönliche Engagement des Forschenden mit der Stadt und ihren Räumen und Bewohner*innen die Entwicklung der künstlerischen Werke prägt. Die durchgeführten Projekte zeigen, wie öffentliche Kunst Dialoge erzeugen, bestehende Machtstrukturen in Frage stellen und letztendlich zur Schaffung einer inklusiveren Öffentlichkeit beitragen kann. Die aus ihnen gewonnenen Erfahrungen deuten jedoch darauf hin, dass die Wirkung von Interventionen im öffentlichen Raum davon abhängt, wie gut sie in das soziale Gefüge der Gemeinschaft integriert sind und sie betonen die Bedeutung sozialer Interaktion und kollektiver Erfahrung für die nachhaltige Wirksamkeit künstlerischer Arbeiten. Die Ergebnisse der durchgeführten künstlerischen Forschung sind in dieser Publikation wie auch in der zusätzlichen Ausstellungspräsentation bewusst essayistisch organisiert. (Vgl. Adorno 1958, Busch 2015) Dies soll sowohl der Offenheit des Forschungsprozesses als auch einem Zugang zu seinen Resultaten Rechnung tragen, der die Wissensgenerierung im Rahmen künstlerischer Forschung mehr auf Seite der Rezipient*innen verortet als in herkömmlichen, stärker interpretativen Forschungszugängen. (Vgl. Ploder 2021, Leser 2021, Kelle 2004)